Wir saßen am Feuer und sangen. Stundenlang. Kaum zu glauben – 30, 40 Pfadfinder*innen waren in der Runde versammelt und niemand verlor auch nur einen Gedanken daran, ins Bett zu gehen. Selbst viele Sipplinge wollten noch unbedingt dabei bleiben – bis tiiieef in die Nacht hinein. Na gut, es war ihre erste Fahrt und da durften sie sich diese außergewöhnliche Gemeinschaft nicht entgehen lassen.
Doch auch für die Älteren war es wie die erste große Reise als Pfadfinder*innen. Über ein Jahr war nun schließlich schon jegliches mit Fahrtengeschirr Unterwegssein undenkbar gewesen. Und dann findet man sich plötzlich bei Klampfenschlag und Flackern der Flammen in guter Gesellschaft wieder, wie man sie nur beim Pfadfinden haben kann.
Ein immer mal wiederkehrendes Geräusch störte die Unbeschwertheit der Runde: Sssssss. Klatsch! Erwischt! – Die kleinen blutsaugenden Flattermänner schienen hier in der Oberlausitz eine regelrechte Plage darzustellen. Einige Pfadis hatten sich bereits angewöhnt, im Takt der Musik zu klatschen und möglichst mit jedem Schlag eine Mücke zu treffen – auf der eigenen oder auch eines anderen Haut. Klatsch! “Sorry, ‘ne Mücke” – war die Entschuldigung für jeden unerwünschten Treffer. Nur die Gitarristinnen und Gitarristen, deren Hände vollständig ins Lied eingebunden waren, waren den Blutsaugern schutzlos ausgeliefert.
Von der Fahrt sollten eben nicht nur einzigartige Erinnerungen, sondern auch jede Menge Stiche bleiben… Man konnte sich eigentlich sogar zu fast jedem eine Geschichte erzählen: Schau mal, den hier, auf dem Rücken, den hab ich von unserem ersten Abend. Da waren wir drei Stunden mit Bus und Bahn in die Oberlausitz gefahren und sind dann noch ein kleines Stück in den Wald hineingelaufen. Und dann haben wir doch diese wunderschöne Niederung gefunden – du weißt schon, der ausgetrocknete Teich, an dem es so viele dieser fliegenden Plagegeister gab. Und als ihr da Feuer und Essen gemacht habt, bauten wir die Kohten auf dem huckeligen Untergrund auf. Ich hatte keine Chance, die Planen an der halbmorschen Stange hochzuziehen und gleichzeitig meinen Rücken zu verteidigen! Wenigstens waren, als wir nach der kräftigen Portion Reis mit Scheiß, den gegrillten Marsmallows und der fantastischen Singerunde mit der Gitarlele schlafen gegangen sind, die Kohten mückensicher, sodass wir zwar eine unbequeme, aber wenigstens ungestörte Nacht hatten! Wenn man jetzt mal von dem Schnarchen aus dem Nachbarzelt absieht.
Unglaublich, welch tolle Geschichte ein einziger Stich erzählen kann! Als wir am nächsten Morgen früh loszogen und alles aufräumten, dabei sogar eine Eidechse entdeckten, ahnten wir noch nicht, wie viele Stiche wir noch davon tragen würden. Doch auf jeden von ihnen kamen mindestens zwei tolle Fahrtenerlebnisse und eine halbe Flasche Autan, die den nervigen Juckreiz aufwogen. Von Pause zu Pause schlugen wir uns durch Wald und Wiese – mal singend, mal (als die erste Saite gerissen war) unser eigenes Fahrtenlied schreibend, immer aber mit offenen Augen und in bester Gesellschaft. Jeder von uns kam irgendwann mal an den Punkt, wo er oder sie dachte: Jetzt kann ich keinen einzigen Schritt mehr gehen. Doch zum Glück wurde das Gepäck immer leichter, da Essens- und Wasservorräte abnahmen und die Leiter immer mehr Gewicht aus der Sipplinge Rucksack in ihren eigenen verlagerten. Sogar ein unnötiges Paar Wechselschuhe wurde zu einer regelrechten Rettung, als ein anderes paar zu klein geworden war. Und spätestens nach der Pause, in der geschnitzt und reichlich Schokolade, Möhren und Gurke verzehrt wurde, waren die Schmerzen von eben wieder vergessen und es ging unbeschwert in die nächste Etappe. Zum Ende hin, nachdem wir eine erfrischende Dusche vom Himmel genossen und unsere Stichzahl in einem besonders mückenverseuchten Waldstück verdoppelt hatten, kamen bei einigen sogar noch ungeahnte Kräfte auf und den letzten Abschnitt bis zum Lagerplatz wurde gerannt.
Ja, es war eine erlebnisreiche Fahrt, die hier am Lagerfeuer ihren Ausklang fand. Wenn wir jetzt schlafen gingen, dann stünde am nächsten Morgen nur noch die Heimreise vor uns. Obwohl, da war doch noch etwas in Planung. Nicht um sonst mussten wir schon Sieben Uhr Dreißig aufstehen. Es wartete noch eine lustige Wasserolympiade auf uns, bevor wir erneut die Zugfahrt auf uns nahmen, um schließlich zuhause von einem abenteuerlichen Wochenende berichten zu können. Es sollte gar nicht so leicht sein, die Fülle an Erlebnissen in eine geordnete Reihenfolge zu bringen. Aber wir hatten ja unsere Mückenstiche, die wir einfach Stück für Stück durchgehen konnten…
– Die Sippe “Buntspecht” und Gäste
[Fahrtenbericht von der Sternfahrt in der Oberlausitz (11.-13.06.2021)]
Hier geht’s zum Bericht des LV Sachsen zur Fahrt!
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